Abb.: SAFe Fundament *Quellenangaben: 07

Hi, herzlich willkommen in dieser Lektion, in der wir uns mit dem Fundament von SAFe beschäftigen.

Welcher Inhalt wird in dieser Lektion behandelt?

Wir sprechen in den nächsten Minuten über:

  • die Grundwerte des Frameworks für alle Skalierungen,
  • die in den Werkzeugen und Events eingebaute Qualität,
  • Transparenz als wichtige Erfolgsgrundlage,
  • die Umsetzung der Methode im Projekt,
  • die dafür notwendige Einstellung der Teammitglieder und des Managements,
  • wir schauen uns das SAFe House-of-Lean an,
  • lernen die Prinzipien von SAFe kennen,
  • gehen intensiv auf die dafür notwendige Leitkultur im Unternehmen,
  • und im Speziellen auf Führungsverantwortung ein,
  • entwickeln daraus das Lean Agile Leadership mit seiner generativen Führungsart,
  • definieren Mindestvoraussetzungen, die eine agile Führungskraft mitbringen muss,
  • nähern uns von der Ausgangsposition im Unternehmen dem Zielzustand,
  • erkennen die Unvermeidlichkeit von Reorganisation um dieses Ziel zu erreichen,
  • und letztendlich auch, welche Gefahren bei der Transformation von der Planungsorganisation hin zur Agilen Organisation zu meistern sind.

Doch nun zum Inhalt dieser Lektion:

Was beinhaltet das SAFe Fundament?

Bevor wir uns mit den SAFe-Skalierungen befassen, schauen wir uns das Fundament von SAFe an.

Im dunkelgrauen Bereich unten im Diagramm findest Du das Fundament, auf dem SAFe basiert. Dazu gehören

  • die Grundwerte (Core Values),
  • die Definition der notwendigen persönlichen Einstellung für dieses agile Framework,
  • die Prinzipien auf denen SAFe aufsetzt,
  • die wichtigen Aufgaben und Eigenschaften der Führungskräfte,
  • einen vorgeschlagenen Weg zur Implementierung des Frameworks in eine bestehende Organisation
  • und die Beschreibung der Aufgaben eines SAFe-Coaches sowie die Möglichkeit sich das dafür notwendige Wissen anzueignen.
Abb.: SAFe-Implementierungs-Ablauf *Quellenangaben: 07

Weil wir auf die Implementierung von SAFe nicht genauer eingehen werden, siehst Du hier eine Übersicht, wie SAFe sich eine mustergültige Implementierung vorstellt. Das soll es in diesem Kurs dazu aber auch gewesen sein.

Abb.: die 4 Grundwerte des SAFe *Quellenangaben: 07

Nun von vorn im Fundament:

Die 4 Grundwerte von SAFe lassen sich mit diesen 4 Schlagworten abdecken:

Was ist Alignment?

Erstens: Alignment, was einen konstanten Abgleich der Anforderungen und Aufgaben zwischen den Teammitgliedern und dem Kunden beinhaltet, so dass es immer Einigkeit über sich weiterentwickelnde Zwischenstände und zu erledigende Aufgaben gibt. Diese Abstimmung erfolgt über eine gemeinsame immer aktuelle Informationsbasis und regelmäßig stattfindende Alignment-Meetings.

Abb.: Qualitätsmanagement im SAFe *Quellenangaben: 07
Was ist eigebaute Qualität?

Das zweite Schlagwort lautet: Eingebaute Qualität, was bedeutet, dass eine Qualitätsprüfung an einer fertigen Lösung schlicht zu spät ist. Die Qualitätsprüfung muss bereits im Entstehungsprozess von Software und Systemen fest eingebaut sein und sich dann auf folgende Bereiche erstrecken:

  • der Arbeitsablauf an sich muss bereits so gestaltet sein, dass Fehler vermieden werden
  • die Lösungs-, System- und Produkt-Architektur muss so gestaltet sein, dass in der Folge Fehler vermieden werden
  • die Code-Qualität muss mit geeigneten Maßnahmen sichergestellt werden
  • das Zusammenspiel von Einzelbestandteilen im Gesamtsystem muss mit geeigneten Maßnahmen sichergestellt werden
  • auch die an den Kunden ausgelieferte Release-Qualität muss mit geeigneten Maßnahmen sichergestellt werden.

Wenn die Qualität dieser 5 Bereiche gut gesichert ist und ständig weiterentwickelt wird, dann ist die Voraussetzung erfüllt, dass die fertige Lösung ebenfalls von guter Qualität ist und den Kundenerwartungen entspricht.

Im Anhang an diese Lektion findest Du ein PDF im A3-Format mit der hier dargestellten Übersichtsgrafik. Du kannst Dir das gerne ausdrucken und in Deinem Projektraum als Merkhilfe für das Team an die Wand hängen.

Was ist Transparenz?

Das dritte Schlagwort: Transparenz, was bedeutet, dass jeder Projektbeteiligte (inklusive des Kunden) jederzeit Einblick in alle Projektbereiche hat. Im Bereich der Softwareentwicklung geht immer etwas schief, hier gibt es immer unvorhersehbare Überraschungen. Jeder macht Fehler: der Kunde genauso wie alle anderen Beteiligten. Das kann niemand bestreiten. Die Offenheit, Probleme, ungeplante Herausforderungen und Fehler sofort und vollumfänglich zu kommunizieren, ist die Grundlage zur Lösung. Ohne Offenheit gibt es keine oder eine späte Lösung mit negativen Auswirkungen. Die Voraussetzung für Transparenz ist Vertrauen zwischen den Projektbeteiligten – was auch das Vertrauen zur Fortführung des Projekts beinhaltet, wenn es einmal etwas zäh und schwierig läuft. Auf der anderen Seite gehört dazu aber auch der Kern von Agilität, immer offen und ehrlich über die Arbeitsergebnisse einer Iteration zu urteilen:

  • Ist das Ergebnis einer Iteration gut, dann ist alles o.k.
  • Ist das Arbeitsergebnis nicht gut, mit welcher Lösung kann das Ziel dann erreicht werden oder ist das Ergebnis für den Projekterfolgt überhaupt zwingend notwendig? Bei dieser Frage spielt auch der Lean-Gedanke mit rein.
  • Wenn es keine Lösung gibt und das Arbeitsergebnis zwingend notwendig wäre (es sich dann um ein Knock-Out-Kriterium handelt), dann muss im Team offen und ehrlich zugegeben werden, dass die Fortführung des Projekts zumindest zum derzeitigen Zeitpunkt mit dem aktuellen Ziel nicht mehr sinnvoll ist. Diese ehrliche Entscheidung dient der Budget- und Ressourcenschonung und ist absolut im gegenseitigen Interesse. Die Agilität sieht in solch einer Entscheidung definitiv kein Scheitern, sondern den professionellen Umgang mit Ressourcen. Aus dieser Situation lässt sich auch eine veränderte Fortsetzung des Projekts mit abgeändertem Ziel oder angepasster Organisation ableiten.
Was bedeutet Umsetzung?

Und das 4. Schlagwort: Umsetzung, was auch die Lieferung der Softwarelösung beinhaltet. Die Umsetzung kann nur dann erfolgreich verlaufen, wenn jedes einzelne Teammitglied die gemeinsam vereinbarten Regeln und Werte einhält und lebt. Dazu bedarf es einer konstanten Auffrischung der Inhalte, die noch nicht in absolute Routine übergegangen sind. Dazu gehört aber auch, Abweichungen zu benennen und abzustellen. Ziel des gesamten Projektteams muss sein, funktionierende Lösungen in kurzen Abständen zur Verfügung zu stellen und diese immer weiter anzureichern und zu verbessern.

Abb.: SAFe Fundament *Quellenangaben: 07
Welche Einstellung ist für die Agilität notwendig?

Die zweite Grafik im SAFe-Fundament beschreibt die Einstellung von Team-Mitgliedern aber auch dem übergeordneten Management, die für eine erfolgreiche agile Organisation auf Basis von SAFe notwendig ist.

Abb.: SAFe Mentalität *Quellenangaben: 07

Wenn wir etwas Neues beginnen wollen, dann ist es notwendig, Altes loszulassen. Loslassen bedeutet auch, die Konsequenzen von Erfahrungen zu überdenken und sich einfach mal ganz offen dem Neuen hinzugeben. Loslassen bedeutet auch, auf ein Vorgehen zu verzichten, von dem ich weiß, dass ich mein Ziel auf jeden Fall erreichen werde – nur halt leider als Insel in einer Organisation, mit der ich nicht zusammenarbeiten kann. Loslassen ohne Vorbehalte. In diesem Punkt ist jedes einzelne Teammitglied gefragt, das Beste an Offenheit aus sich herauszuholen. Und glaubt mir: das ist nicht leicht, auch für mich nicht. Aber das ist die Basis zum Erfolg! Und weil das nicht jedem gelingen wird, sind hier ganz besondere Fähigkeiten der Scrum Master, Scrum Coaches oder Agile Coaches gefragt.

Abb.: SAFe House of Lean *Quellenangaben: 07
Was ist das SAFe House of Lean?

Neben der Offenheit für Neues zählt der Inhalt des SAFe House of Lean zu einem weiteren Bestandteil der Einstellung, die für SAFe-Projekte notwendig ist. Dieses Lean-Modell lehnt sich an das gängige Lean Management an und wurde zum Teil auch durch das Lean Management von Toyota inspiriert.

Ziel ist, den höchsten Kundennutzen innerhalb kürzester Zeit zu erreichen und dabei die höchstmögliche Qualität für den Kunden und die Gesellschaft als Ganzes zu liefern. Ein hohes Maß an Anstand, Sicherheit und Nutzerfreundlichkeit sind weitere Nebenziele.

Die Basis für den Erfolg des Lean Management ist, dass auch die Unternehmensführung die Prinzipien lebt und diese durch alle Hierarchien durchsetzt.

Der gegenseitige menschliche Respekt und das gegenseitige Vertrauen sind ebenso Bestandteil der Lösung, wie die 4 SAFe-Grundwerte, Innovationsfreundlichkeit und Veränderungsbereitschaft sowie dem konstanten Drang zur Verbesserung in allen Belangen. Diesen Verbesserungsdrang kennst Du vielleicht schon von Six Sigma.

Du siehst, dass hier viel ineinandergreift, was wir an anderer Stelle bereits kennengelernt haben und auch hier im Kurs noch kennenlernen werden. Dieses Ineinandergreifen macht den SAFe-Ansatz so rund und fügt sich deshalb auch wunderbar in bestehende Unternehmenspraktiken ein, die auf anerkannten Methoden basieren.

Im Anhang an diese Lektion findest Du ein PDF im A3-Format mit dem SAFe House of Lean. Du kannst Dir das gerne ausdrucken und in Deinem Projektraum zur Besinnung für das Team an die Wand hängen.

Abb.: SAFe Fundament *Quellenangaben: 07
Welche Prinzipien hat SAFe?

Ähnlich wie Scrum, hat sich auch SAFe Prinzipien gegeben, nach denen Projektteam-Mitglieder handeln sollen, die da lauten:

Abb.: SAFe Prinzipien *Quellenangaben: 07
  1. Betrachte jeden operativen Arbeitsschritt auch aus wirtschaftlicher Sicht. Suche einen Weg zur schnellstmöglichen Realisierung und vermeide unnötige Tätigkeiten. Wäge dabei stets Risiken, Verspätungs-, Umsetzungs-, Betriebs- und Entwicklungskosten gegeneinander ab. Stelle dabei sicher, dass die Lösung im Rahmen des dafür vorgesehenen Budgets bleibt.
  2. Betrachte immer das Gesamtsystem anstatt der einzelnen Anforderung. Entwickle eine Lösung so, dass sie in das Gesamtsystem passt, keine Funktionalität im Gesamtsystem verloren geht und damit das Gesamtsystem verbessert. Dafür ist es notwendig, das Gesamtsystem zu verstehen.
  3. Entwickle eine Lösung immer so variabel wie möglich und mit so vielen Optionen wie möglich, um in der Folge nur erweitern und nicht neu entwickeln zu müssen.
  4. Baue Deine Softwarelösungen in kurzen, schnell wiederkehrenden Schleifen, damit die Zwischenlösungen als Basis für die jeweils nächste Verbesserung dienen können. Baue dabei auch gerne Versuchsinhalte ein, welche die Effizienz im Projekt und den Kunden möglicherweise weiterbringen, als ausschließlich kundengetriebene Anforderungen umzusetzen.
  5. Finanzverantwortliche, Entwickler und Kunden haben unterschiedliche Bewertungen für die Rentabilität einer Softwarelösung. Die Rentabilität wird deshalb an gemeinsam festgelegten Meilensteinen überprüft.
  6. Mache in Bearbeitung befindliche Anforderungen sichtbar und reduziere die Anzahl so weit wie möglich. Reduziere auch den Umfang einer Anforderung so weit wie möglich, indem Du die Anforderung auf viele Teilanforderungen herunterbrichst und dabei umsetzbare von nicht umsetzbaren Inhalten trennst. Stelle nicht umsetzbare Inhalte zur Diskussion. Ziel ist die flüssige Bearbeitung jeder Anforderung von der Annahme bis zu Abnahme und somit die Maximierung des Durchsatzes und die Reduzierung der Durchlaufzeit. Damit ist dann auch sichergestellt, dass die angenommene Arbeit zügig bezahlt wird.
  7. Arbeite im Takt und synchronisiere Deinen Arbeitstakt mit anderen, damit in der Zusammenarbeit unnötige Wartezeiten vermieden werden. Das betrifft die zeitliche Planung von festen Zeremonien genauso, wie die Festlegung der Abarbeitungsreihenfolge von Einzelaufgaben. Ziel ist wie beim Lean Management immer, Nullzeiten zu vermeiden, die zur Verfügung stehende Arbeitszeit und die zur Verfügung stehenden Ressourcen bestmöglich auszunutzen.
  8. Die Vorgesetzten eines agilen Teams mit Lean Management müssen erkennen, dass Motivation und die Stimmung im Team primär nicht nur durch Vergütung und Leistung erreicht wird, sondern durch Freiheiten, Selbstverantwortung und der Möglichkeit zur Selbstorganisation – die natürlich immer im Einklang mit den Projektzielen stehen müssen.
  9. Vermeide, dass Entscheidungen nur von einer oder wenigen Personen getroffen werden können. Es gibt nur ganz wenige strategische Entscheidungen, die eine zentralisierte Entscheidung rechtfertigen. Erst damit erreichst Du eine schnelle Wertschöpfung, weil Wartezeiten auf eine Entscheidung den Arbeitsdurchsatz blockieren. Zudem zapfen verteilte Entscheidungen automatisch mehr Wissen von mehreren Personen an und ermöglichen so innovativere Lösungen.
  10. Die meisten Unternehmen organisieren sich auf Basis fester Prinzipien, die sich im Laufe der Zeit verfestigt haben. Prinzipien können z.B. die Fokussierung auf Kernkompetenzen sein, die Einhaltung der Vision des Gründers oder Geschäftsführers oder eine technologische Fixierung. Im digitalen Zeitalter ist jedoch Geschwindigkeit der treibende Wettbewerbsvorteil, um Kundenbedürfnisse schneller als andere zu befriedigen. Dafür ist es notwendig, dass sich die Organisation am Wert des Kundennutzen ausrichtet, diesen ins Zentrum stellt und die Ressourcen darum herum zur Verfügung stellt. Wenn der Absatzmarkt einen Wechsel fordert, dann muss sich das Unternehmen schnellstmöglich danach ausrichten und umorganisieren können.
Abb.: Leading-by-Example *Quellenangaben: 07
Welcher Führungsstil ist in der Agilität notwendig?

Dieses Fundament und das SAFe als Ganzes wäre aber nichts wert, wenn es im Unternehmen nicht gelebt und durchgesetzt werden würde. Von ganz oben bis ganz unten auf der gesamten Bandbreite. SAFe ist wie die Agilität nicht nur eine Ansammlung von Prozessen und Werkzeugen, sondern vor allem eine Einstellungssache. In diesem Punkt genügt es nicht mehr, wenn die Führungskraft sich das notwendige Wissen aneignet. Hier ist persönliche Veränderungsbereitschaft gefragt. Genauso wie Sozialkompetenz. Beides ist schwer zu erlernen. Entweder hat sie diese Eigenschaften in der Vergangenheit entwickelt, oder sie hat sie nicht. Und dann ist die Gefahr groß, dass eine Führungskraft aufgrund dieses Defizits zum Auslaufmodell wird. Wenn der Kopf einer Organisation diese Einstellung nicht selbst „lebt“ und damit „vorlebt“, dann können alle davon abhängigen untergeordnete Strukturen nicht funktionieren, weil ihnen die Handlungs- und Arbeitsgrundlage fehlt. Sobald eine Zwischenstufe nicht funktioniert, wird die gesamte darunter liegende agile Organisation lahmgelegt. Darüber muss sich jede Führungskraft im Klaren sein. Um dieses Risiko zu minimieren, ist die agile Organisation mit flachen Teamstrukturen aufgebaut.

Abb.: Führungsverantwortung *Quellenangaben: 07

SAFe nimmt die Priorität der Führungsverantwortung auf den Projekt- und Unternehmenserfolg auf, platziert die „Lean-Agile Leadership“ im Zentrum des Fundaments und hebt diesen Fundament-Bestandteil deshalb auch besonders hervor.

Agilität erfordert eine Führungsqualität, die den konstanten organisatorischen Wechsel und die Anpassung an Marktanforderungen offen annimmt und dabei Mitarbeiter und Teams stets zur Höchstleistung und Mitverantwortung motiviert.

Abb.: Leading Change *Quellenangaben: 07
Welche Aufgaben hat eine Führungskraft in der Agilität?

Von der Führungskraft wird erwartet, dass sie all das vorlebt, was sie bei den Mitarbeitern und Teams erreichen möchte. Das betrifft vor allem die zuvor genannten Grundwerte, die Einstellung und Prinzipien aus dem SAFe-Fundament. Und das Vorleben funktioniert im Unternehmen halt von oben nach unten. Nur die Führungskraft hat die Autorität, die notwendigen Mittel und die Entscheidungsbefugnis zur Durchsetzung. Die Führungskraft „führt“ damit die ihm anvertrauten Mitarbeiter und Teams. Und gleichzeitig ist die Führungskraft konstant dazu angehalten darüber nachzudenken, ob sie die im SAFe vereinbarten Werte auch „selbst“ lebt und damit vorlebt. Ein Kreislauf also, der neben vorgeschlagenen Weiterbildungsmöglichkeiten zur konstanten Verbesserung der Führungsqualität beitragen soll.

Über das Vorleben hinaus hat die Führungskraft auch die Aufgabe, die Inhalte von SAFe an seine Teams und Mitarbeiter zu vermitteln und diese konstant zur Einhaltung zu motivieren. Alles in allem keine leichte Aufgabe – ganz klar. Aber das ist halt die Anforderung der Agilität an eine Führungskraft. Eine für viele Führungskräfte ungewohnte Herausforderung, die sonst nur delegieren und nicht vorleben. Aber damit steht und fällt auch die Agilität in einem Unternehmen.

Die Parole „ein agiles Unternehmen zu werden“ ist so leicht ausgesprochen. Die Umsetzung ist in vielerlei Hinsicht schwer. Aber wie schon angesprochen, haben viele Unternehmen keine Alternative dazu, wenn der Wettbewerb dieses Handwerk beherrscht – oder zumindest besser beherrscht. Und der Vorteil der Unternehmen, die von Anfang an agil gewachsen sind, ist nicht hoch genug einzuschätzen. Fast uneinholbar scheint mir der Vorteil, weil sich eine gut funktionierende agile Organisation eben auch immer weiterentwickelt. Es gleicht einem Husarenstück oder Wunder, diese Lücke zu schließen.

Wie wird die Lean-Agile Leadership im SAFe beschrieben?

Lean-Agile Leadership ist nun schon die zweite von sieben Kernkompetenzen aus dem Lean-Management, die das SAFe in sein Regelwerk aufgenommen hat und dort wie folgt beschrieben wird:

Führungskräfte

  • organisieren und reorganisieren um die zu schaffenden Werte herum,
  • sie identifizieren und beseitigen ein zu hohes Arbeitsaufkommen und blockierende Arbeiten,
  • sie achten konstant darauf, unnötige Arbeit und Verspätungen zu vermeiden,
  • sie beseitigen demotivierende Regeln und Prozesse und ersetzen diese durch motivierende Regeln und wertschöpfungsorientierte Prozesse,
  • sie inspirieren und motivieren ihr Umfeld,
  • sie schaffen ein Klima von unerbittlichem Verbesserungsdrang,

und sie geben ihrem Team die Freiheit sich selbst zu verbessern.

Abb.: Charaktere *Quellenangaben: 07
Was ist ein generativer Führungsstil?

Bei der Umsetzung hat die Führungskraft unterschiedliche Mittel und Herangehensweisen. Du kannst Vorgesetzte aus Deiner Berufserfahrung vielleicht schon selbst einer dieser 3 Kategorien zuordnen. Wie viele Deiner Vorgesetzten schreibst Du der generativen Kategorie zu (der rechten Spalte)? Denn die darunter aufgeführten Eigenschaften sind die einzigen zur Agilität passenden Voraussetzungen.

  • Anstatt nur anzusagen und nicht mitzumachen oder sich nur zweitweise einzubringen, erfordert Agilität einen hohen Anteil der Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern. Und dazu muss die Führungskraft auch praktisch wissen, was wie korrekt zu tun ist. Für den puren Manager ist bei dieser Teamarbeit keinen Platz.
  • Anstatt seine Mitarbeiter für Fehler zu beschuldigen oder sie zu vernachlässigen, leitet eine Führungskraft in der Agilität seinen Mitarbeiter mit gutem Beispiel zum Ziel.
  • Anstatt dem Mitarbeiter keine oder nur wenig Verantwortung zu übertragen, teilt die Führungskraft seine Verantwortung mit den Mitarbeitern und gibt ihnen dadurch den notwendigen Spielraum und Freude an der Arbeit, um Überdurchschnittliches zu erreichen.
  • Anstatt seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit aus Gründen der Hierarchieabgrenzung zu verweigern oder den Bedarf zur Zusammenarbeit nur zu tolerieren, ermutigt die Führungskraft in der Agilität seine Mitarbeiter, ihn aktiv in die Zusammenarbeit einzubinden. Die Führungskraft in der Agilität ist einer unter gleichen, nur mit spezifischer Rolle und rollengegebenem Ziel (an dem er auch gemessen wird!). Das Projektziel aber ist für alle dasselbe, ein Ziel, das gemeinsam zu erreichen ist.
  • Ganz interessant ist die Betrachtung von Fehlern: Anstatt für Fehler einen Sündenbock zu suchen oder für einen Fehler ein gerechtes Urteil zu suchen, ist für die Führungskraft in der Agilität ein Fehler die Grundlage zur Verbesserung. Wichtig dabei ist nur, dass in der Folge eines Fehlers die passenden Schritte zur Fehlervermeidung umgesetzt werden und damit das nachfolgende Vorgehen abgesichert wird.
  • Anstatt Innovationen aufgrund eigener Unwissenheit aus Prinzip abzuwürgen oder Innovationen aufgrund unkalkulierbarer Risiken abzulehnen, geht die Führungskraft in der Agilität gerne das Risiko für Innovationen ein – nicht nur, weil sich im Falle des Erfolgs eine besonders hohe Wertschöpfung realisieren lässt, sondern auch, weil sich der Fehlschlag im Fall eines Misserfolgs in der folgenden Iteration wieder beseitigen oder nachbessern lässt.

Klingt doch alles zu gut, um wahr zu sein, oder? Und deshalb sind dies auch die zu erreichenden Ziele und keine Knock-Out-Kriterien für eine Führungskraft. Wenn er/sie aber nichts oder nur wenig davon erfüllt, dann wird es schon haarig – für den Projekterfolg und die Zusammenarbeit im Team.

Welche Fähigkeiten muss eine agile Führungskraft haben?

Was sollte eine Führungspersönlichkeit aber auf jeden Fall mitbringen? Und ja, die Nichterfüllung wäre für die Agilität in diesen Fällen ein echtes Knock-Out:

  • Sie soll auf jeden Fall authentisch sein. Sie soll ihren Mitarbeitern nichts vormachen, sondern ehrlich sein, zu sich selbst und seinen Ansichten stehen, fair mit seinen Mitarbeitern, Kollegen und Vorgesetzten umgehen. Sie soll transparent arbeiten, nichts verheimlichen.
  • Sie braucht ein gewisses Maß an emotionaler Intelligenz und Empathie, um die Gefühle anderer und sich selbst zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. Sie muss die eigenen Gefühle angemessen regulieren können, sich selbst und andere motivieren können und soziale Fähigkeiten besitzen. Das betrifft vor allem Situationen, in denen Druck und Misserfolg das Geschehen beeinflussen.
  • Sie braucht die Bereitschaft lebenslang lernen zu wollen, dauerhaft, freiwillig und aus eigenem Antrieb. Und sie ermutigt auch andere, an dieser Jagd nach Wissen und Erfahrung teilzunehmen.
  • Die Führungskraft in der Agilität hat das Ziel Entscheidungen zu dezentralisieren – die eigenen genauso wie die von Mitarbeitern. Der Projekterfolg soll unabhängig von Einzelpersonen werden. Dazu ist es notwendig, dass die Führungspersönlichkeit eigene Kompetenzen so weitervermittelt, dass Mitarbeiter Entscheidungen nach Absprache auch selbst treffen können und Kompetenzen im Team so multipliziert werden, dass nach Absprache immer mehrere Mitarbeiter in der Lage sind, eine Entscheidung zu treffen.

Diese 4 Punkte sind nun wirklich nicht zu viel verlangt. Sie sind vollkommen unabhängig von Fachwissen. Jeder kann sie erfüllen, wenn er nur will.

Wir haben jetzt viel darüber gesprochen, was eine Führungskraft für die Anwendung von SAFe mitbringen soll und muss. Wir haben aber noch nicht darüber gesprochen, wie sie ihre Mitarbeiter und Teams dazu bringt, die für SAFe notwendige Haltung zu entwickeln und beizubehalten.

Welche Ziele hat eine Agile Transformation?

Wir haben viel über Veränderungsbereitschaft gesprochen. Wir kennen auch den Status Quo – wenn wir nicht unbedingt gerade erst im Unternehmen angefangen haben – aber selbst dann kennen wir unsere eigene Ausgangsposition. Die Frage ist dann: wo wollen wir hin? Welche Zwischenziele haben wir? Wohin möchte ich mich und mein Team entwickeln? Und dabei gibt es eine Reihe möglicher Ausgangspositionen:

  • Ich möchte das Unternehmen mit SAFe von einer Wasserfall-Methodik Richtung Agilität führen – es hat definitiv seine Vorteile auf der grünen Wiese beginnen zu können, weil dabei Fehler in der Umsetzung noch keinen Boden verbrannt haben.
  • Oder: Ich möchte das Unternehmen mit seinen agilen Ansätzen zu einer funktionierenden agilen Organisation weiterentwickeln
  • Oder: ich möchte eine in Teilbereichen schon ganz gut funktionierende agile Organisation auf das Gesamtunternehmen hochskalieren
  • Oder: ich finde eine wilde Baustelle vor und möchte daraus eine gut strukturierte agile Organisation entwickeln

Oder, oder, oder – da gibt es viele mögliche Szenarien.

Ist eine Agile Transformation mit einer Reorganisation gleichzusetzen?

Aber allen Anfängen und Zielen ist eines gleich: sie werden zwangsweise zur Reorganisation im Unternehmen führen. Das muss jedem klar sein – vom Teammitglied bis zum Top-Management. Und Reorganisation heißt Veränderung. Veränderung wird in vielen Köpfen unweigerlich mit Gefahr in Verbindung gebracht –

  • Gefahr für erworbene Pfründe,
  • Gefahr für den Status,
  • Gefahr für eine bequem gewordene Routine,
  • Gefahr für die Lernfähigkeit,
  • Gefahr auch für die existenzielle Einkommensgrundlage für sich selbst und die davon abhängigen Familienmitglieder.

Die Gefahr ist also real – wenn ich nicht mitziehe. Und bei solch einer Transformation fallen leider immer Mitarbeiter durch, auch das muss den Führungskräften klar sein.

Welche Herausforderungen gilt es bei der Agilen Transformation zu lösen?

Und das schmerzt sehr, nicht nur, weil damit persönliche Beziehungen verbunden sind, oder damit wichtiges Fachwissen und wertvolle Erfahrung verloren gehen, sondern weil die für die Transformation notwendigen Mitarbeiter nicht an Bäumen wachsen und einfach gepflückt werden können, wenn sie reif sind. Die Agile Transformation muss bei unserem Arbeitsmarkt und unserer Demographie aus dem bestehenden Mitarbeiterstamm realisiert werden, durch Weiterentwicklung. Dabei gilt es auch Wissen und Erfahrungen zu sichern und im Unternehmen zu halten. Damit ist es für Führungskräfte eine der erfolgskritischsten Faktoren, möglichst viele Mitarbeiter auf den Weg mitzunehmen, zu überzeugen und Ängste zu nehmen. Das ist das erste Zwischenziel, das von Anfang an feststeht und für jedes Unternehmen gleich ist. Auf Möglichkeiten und Vorschläge dieses Ziel zu erreichen, gehe ich im Verlauf der Kursreihe noch näher ein.

Welche Aufgaben hat eine agile Führungskraft?

Wenn die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern so weit wie irgend möglich sichergestellt ist, hat die Führungskraft folgende Aufgaben:

  • Sie muss den Mitarbeitern die notwendigen Veränderungen und das Ziel für alle klar aufzeigen und dabei auch vermitteln, warum die Veränderung gerade jetzt dringend notwendig ist. Und das Ganze in einer Art, die Menschen begeistert und motiviert.
  • Sie muss die Mitarbeiter während des gesamten Veränderungsprozesses positiv beeinflussen, sie motivieren nicht nachzulassen, auch wenn es auf dem Weg zum Ziel kritische und chaotische Situationen geben wird. Das ist bei einem Veränderungsprozess von einem Ausgangszustand zu einem Zielzustand fast zwangsweise der Fall – genau dann, wenn das eine nicht mehr greift und das andere noch nicht greift. Das wird an den unterschiedlichsten Stellen passieren – und genau da ist dann Agilität gefragt. Auch diese Einsicht muss jedem im Unternehmen von Anfang an klar sein, so dass beim Eintreffen der Situation keine Panik ausbricht.
  • Die agile Führungskraft muss sich einem starken und verlässlichen Beziehungsnetzwerk inklusive des Topmanagements sicher sein. Ohne die unbedingte Unterstützung des Topmanagements ist der Transformationsprozess zum Scheitern verurteilt. Die Transformation zur Agilität ist eine Aufgabe des Topmanagements, nicht die untergeordneter Managementstrukturen – und schon gar nicht der IT oder auf einen Teilbereich im Unternehmen beschränkt (wie es leider so oft passiert). Dieses Netzwerk ist das Rückgrat der Transformation und muss die Mitarbeiter während des gesamten Transformationsprozesses regelmäßig über den Stand und auch über aktuelle Hemmnisse informieren. Ohne dieses Rückgrat ist ein Scheitern wahrscheinlich, vor allem dann, wenn nicht alles glatt läuft – und es wird nie alles glatt laufen. Dieses Netzwerk muss auch für schwere Entscheidungen gewappnet sein, wenn Kritiker, Stopper und Blockierer den Transformationsprozess behindern.
  • Die Führungskraft muss erreichte Zwischenstände gebührend mit den Mitarbeitern feiern und so im besten agilen Sinn auf das nächste Zwischenziel einschwören. Dabei sollen die Zwischenziele so granular sein, dass die in möglichst kurzen Zeitabständen erreicht werden können. Zwischenziele auf Monatsbasis wären ein guter Anhaltspunkt.
  • Sie muss den Mitarbeitern eine Atmosphäre der Sicherheit schaffen, in der das Eingehen von Risiken erst möglich wird. Dabei muss von Anfang an klargestellt werden, dass eingegangene Risiken im Falle eines Scheiterns keinerlei negative Konsequenzen für die Mitarbeiter haben – weder für das persönliche Image, noch den Status im Unternehmen, noch die Karriere.
  • Und sie muss sicherstellen, dass sie selbst und auch alle Mitarbeiter bestmöglich für den Veränderungsprozess ausgebildet werden.

Fassen wir nun zusammen, was wir in dieser Lektion behandelt haben:

  • wir haben über die Grundwerte des Frameworks für alle Skalierungen gesprochen,
  • wie in SAFe die Sicherung von Qualität fest eingebaut ist,
  • wie wichtig Transparenz für den Projekterfolg ist,
  • und auch, wie SAFe im Projekt grundsätzlich umgesetzt wird,
  • wir haben erkannt, dass für ein gutes Gelingen eine gewisse Einstellung im Team und im Management gegeben sein muss,
  • wir haben die wichtigsten Bestandteile des SAFe House of Lean besprochen,
  • und kennen nun auch die Prinzipien von SAFe, deren Einhaltung für das Funktionieren von Agilität in Unternehmen unerlässlich sind.
  • Wir haben uns ganz intensiv mit den Themen Leitkultur und Führungsverantwortung auseinandergesetzt,
  • und dabei Mindestvoraussetzungen erkannt, ohne die es einfach nicht funktionieren kann.
  • Letztendlich sind wir uns auch darüber bewusst geworden, dass die Transformation von einer Planungsorganisation in eine Agile Organisation nicht ohne Reorganisation umgesetzt werden kann,
  • und dass es dabei sehr wohl Gefahren gibt, die gemeistert werden müssen.

Nachdem wir uns jetzt recht ausführlich mit dem Fundament von SAFe auseinandergesetzt haben, gehen wir in der Folge auf die unterschiedlichen Skalierungen des „Scaled Agile Framework“ ein und beginnen in der übernächsten Lektion mit der kleinsten Skalierung.

Doch zuvor gibt es für Dich wieder eine kleine Überraschung: Die folgende Lektion beinhaltet ein kurzes Quiz, bei dem Du für Dich selbst prüfen kannst, welche Inhalte aus dieser Lektion bei Dir hängengeblieben sind. Ich wünsche Dir dabei viel Spaß, wir sehen uns in der übernächsten Lektion wieder!

*Quellenangaben: 07

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